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Ein agiles Mindset entwickeln: Wie Führungskräfte für die VUKA-Welt fit werden

Wie können Führungskräfte ein agiles Mindset entwickeln? Erfahren Sie von Pete Holliday, Organisationsfuturist und Agilitätsexperte, warum agile Mindsets zentral sind in der heutigen Geschäftswelt.

Pete Holliday Leadership coach
Pete Holliday
Pete Holliday Leadership coach

Das traditionelle Geschäftsmodell, das einst Wachstum und Stabilität schuf, ist in der VUKA-Welt zu einer Belastung geworden. Die VUKA-Welt - das ist das volatile, unsichere, komplexe und ambige Geschäftsumfeld von heute. Unternehmen verändern ihre Strukturen und übernehmen neue Arbeitsprinzipien. Dennoch tun sich viele Organisationen sehr schwer. Wir haben Pete Holliday, Wirtschaftsfuturist und Experte in Unternehmensagilität, eingeladen, seine Erfahrungen mit Führungskräften zu teilen. Für Herrn Holliday ermöglicht nur ein agiles Mindset den Führungskräften, ihre Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern. Finden Sie heraus, warum und wie Führungskräfte ein agiles Mindset entwickeln, um in der heutigen VUKA-Welt erfolgreich zu sein.

 

Viele Organisationen und ihre Führungskräfte haben Schwierigkeiten, mit der Geschwindigkeit und Komplexität der heutigen VUKA-Welt Schritt zu halten. Was machen sie falsch?

Pete Holliday: Das Mindset der heutigen Führungskräfte - wie sie über die Welt und ihre eigene Position denken - ist der Kern des Problems. Ich arbeite oft mit hochrangigen Führungskräften zusammen, die sich von den Junior-Positionen bis in die Senior-Ränge hochgearbeitet haben. Wenn sie eine leitende Position einnehmen, haben sie plötzlich das Gefühl, dass keine persönliche Entwicklung mehr erforderlich ist. Sie wollen bis zu ihrem Karriereende an dem festhalten, was sie bis zu diesem Zeitpunkt wissen. Ihre Entwicklung hört auf.

In der VUKA-Welt, in der Wandel konstant ist, müssen wir jedoch ein agiles Mindset entwickeln und uns ständig weiterbilden. Viele hochrangige Führungskräfte tun das nicht.

 

Wenn Führungskräfte nicht bereit sind, ein agiles Mindset zu entwickeln, was sind die Bedrohungen für ihre Organisationen?

Pete Holliday: Führungskräfte mit einem traditionellen, nicht agilen Mindset werden nur Menschen befördern, die keine Bedrohung für ihre Rolle darstellen. Infolgedessen gibt es einen Dominoeffekt in der Organisation. Die Anzahl an kompetenten Kandidaten wird somit begrenzt. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass zukunftsorientierte Führungskräfte mit einem agilen Mindset aus Organisationen entfernt werden, weil sie die Grenzen traditioneller Führung überwinden wollten. Jene Personen könnten einen wichtigen Beitrag leisten, eine Organisation zu transformieren und für die Zukunft fit zu machen. Diese Leute werden jedoch aus Organisationen entfernt, weil sie mehr von den Führungskräften verlangen, als diese bereit sind zu geben. Die negativen Auswirkungen dieser eingeschränkten Mindsets sind gross. Unternehmen verpassen Möglichkeiten zur Transformation und verringern ihre Fähigkeit, für ihre Kundschaft Wertschöpfung zu erzielen.

Das ist natürlich nicht immer der Fall. Ich habe mit Organisationen zusammengearbeitet, in denen der*die CEO ein kreatives und agiles Mindset hat, das den Kontext für den Rest der Organisation festlegt. Das Unternehmen kann sich auf diese Art viel einfacher transformieren und verändern als in traditionellen Organisationen. Effektive Führungskräfte konzentrieren sich auf die persönliche Entwicklung und auf ein agiles Mindset, weil sie erkennen, dass dies in einer Welt, die sich ständig ändert, von grösster Bedeutung ist.

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Sie bereiten Führungskräfte auf das Arbeiten der Zukunft vor. Welche Einstellungen und Fähigkeiten benötigen Führungskräfte, um in der VUKA-Welt erfolgreich zu sein?

Pete Holliday: Das ist im wahrsten Sinne des Wortes die 20-Millionen-Dollar-Frage. Viel hängt von den Ursachen ab, warum sich die VUKA-Welt so schnell verändert sowie vom agilen Mindset, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Ich denke, dass Sinnstiftung wirklich entscheidend ist. Effektive Sinnstiftung hat drei Dimensionen: Systemdenken, Bias durch den Einbezug anderer Perspektiven verringern und schliesslich Perspektiven koordinieren, um Sinn für alle zu schaffen.

Systemdenken und mit Perspektiven zu arbeiten, ist eine Kernkompetenz der effektiven Sinnstiftung in komplexen Umgebungen. Man sollte in der Lage sein, sich zurückzulehnen und alle Teile zu betrachten, die sich ändern und miteinander in Verbindung stehen. Und dann versuchen, ein Verständnis dafür zu bekommen, wie diese Teile miteinander interagieren. Als Führungskraft arbeiten wir in vier Dimensionen: einem Mindset (Gedanken und Gefühle), einem Skillset (Handlungen und Verhaltensweisen), einem Set für die Unternehmenskultur (Kommunikation und Beziehungen) und einem Toolset (Systeme, Prozesse, Technologie). Effektives Systemdenken bedeutet, diese vier Dimensionen erfolgreich koordinieren zu können. Sie sind alle miteinander verbunden. Sobald Sie also eine Dimension angepasst haben, passen Sie die andere automatisch auch an. Es geht darum, diese vier Dimensionen ständig in irgendeiner Form im Gleichgewicht zu halten. Damit entwickelt man ein agiles Mindset und wird eine wirklich agile Führungskraft.

Dann haben wir aber immer noch unsere eigenen Vorurteile und Voreingenommenheiten, basierend auf unseren Erfahrungen, unseren Vorlieben, unserer Persönlichkeit. Eine Schlüsselkompetenz ist es also, nach anderen Perspektiven zu suchen. Sie müssen verstehen, ob die Annahmen, auf die Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrungen berufen, tatsächlich richtig sind oder nicht. Daher sollten Sie mit anderen sprechen und sich erkundigen, wie sie die Welt sehen. Sehen wir dasselbe? Es ist entscheidend, dass wir uns vollständig verstehen. 

Daten zeigen, dass Führungskräfte recht gut darin sind, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und zu sehen, wie sich die verschiedenen Teile bewegen. Aber sie leisten sehr schlechte Arbeit bei der Suche nach anderen Perspektiven.

Führungskräfte überprüfen ihre Annahmen oft nicht mit anderen Menschen. Sie gehen einfach davon aus, dass es so ist, wie es ist, weil sie hochrangige Führungskräfte mit Autorität und Einfluss sind. Eine der grössten Schwächen von Führungskräften ist es, sich mit anderen auszutauschen, kognitive Verzerrungen zu verringern und ihre Annahmen zu überprüfen.

Die dritte Dimension effektiver Sinnstiftung besteht darin, Perspektiven zu koordinieren, zu priorisieren und auf eine klare und verständliche Weise zusammenzustellen, die für andere sinnvoll ist. Dies hilft allen Beteiligten, einen Vorschlag oder eine Entscheidung zu verstehen und erleichtert somit ihr Buy-In. Sinn ist wichtig, um das Buy-in anderer Leute zu erreichen. 

Diese drei Fähigkeiten - Systemdenken, Reduzierung von Bias sowie Koordination und Priorisierung von Perspektiven - sind von zentraler Bedeutung, um effektive Sinnstiftung in Organisationen zu ermöglichen.

Systemdenken, Reduzierung von Bias sowie Koordination und Priorisierung von Perspektiven sind von zentraler Bedeutung, um effektive Sinnstiftung in Organisationen zu ermöglichen.

Pete Holliday
Wirtschaftsfuturist und Experte in Unternehmensagilität

Sie arbeiten an einem Buch, das Führungskräfte dabei unterstützt, Organisationen für die Zukunft der Arbeit fit zu machen. Können Sie ein Konzept oder eine Anekdote des Buches mit uns teilen?

Pete Holliday: Das Schlüsselkonzept des Buches, das Relevant heissen wird, bezieht sich auf die erste Frage über die Geschwindigkeit der VUKA-Welt und wieso Führungskräfte ein agiles Mindset entwickeln sollten. Ich sage zu den Leuten: "Jedes Mal, wenn Ihr Euer iPhone aktualisiert, solltet Ihr auch Euch selbst aktualisieren." Es geht um exponentielle Lernzyklen.

Als Führungskraft müssen Sie sich wirklich ständig upgraden. Die Welt bewegt sich sehr, sehr schnell. Um relevant zu bleiben und fit für die Zukunft zu sein, müssen Sie Ihre Fähigkeiten kontinuierlich verbessern und ein agiles Mindset entwickeln. 

Im iPhone-Beispiel geht es darum, zu erfassen, was dies für Führungskräfte in der Praxis bedeutet. Der Erneuerungszyklus von Smartphones hat sich verkürzt von 2 Jahren auf 12 Monate und mittlerweile sechs Monate. So sollte Ihr agiles Mindset als Führungskraft auch funktionieren. Früher mussten Sie sich als Führungskraft nur einmal alle fünf Jahre weiterbilden – jetzt dauerhaft. Dies kann grosses Potenzial freischalten, das derzeit nicht genutzt wird.

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Pete Holliday Leadership coach
Pete Holliday
Über den Autor
Pete Holliday unterstützt Führungskräfte, Teams und Organisationen bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden an der Schnittstelle von Mensch, Technologie, Agilität und Kultur.